Tatjana Laubach

Der Spiegel

Der Spiegel
Mit sanften Stimmen klang ertönt der Ruf der kalten Dunkelheit.
Wie hab ich mich danach gesehnt? Nun bin ich für die Nacht bereit.
Ich folge nun dem Chor der Stille, sanft gleit ich in sie hinein.
Schließ die Augen und die Hülle, kehrt in träumend Welten ein.
Der Fantasie so grenzenlos bizarr, grotesk, in Bildern klar,
ein Spiegelbild so nebulos, als ich mein Antlitz inne sah.
Der Spiegel schön verziert marode, lädt mich winkend zu sich ein.
Im silbrig Schein des glänzend Mondes stelle ich mich der Litanei.
Absurde Augen starren finster, Uhren zählen Sekunden ab.
Höre kicherndes Geflüster, steige in des Spiegels Grab.
Ein Schauer fährt mir durchs Gebein, stecke fest, komm nicht voran.
Spüre schrillend lautes Schreien,
was habe ich mir angetan?
Die Knochenhände tasten greifend nach den Meinen, Pedulanz.
Lasse mich von ihnen leiten wie ein Puppenspielertanz.
Marionettenfäden zieren meinen Kopf und auch die Glieder.
Seh sie nicht, kann sie nur fühlen, zerren an mir immer wieder.
Infernal, so steht er vor mir, der an meinen Fäden zieht.
Träufelt ein das Elixier, bevor er meinen Mund verschließt.
Benommen taumel ich durch Gänge, so als wäre ich gefangen
treiben mich obskure Zwänge in das Neugierig Verlangen,
immer weiter vorzudringen. An den Masken still vorbei,
muss mich jedoch quälend zwingen. Kein Blick auf den Gesichterbrei,
die Masken hängen exulant an filigranen Wänden.
Blicken tief und sehr prägnant, als würden sie mich nähren.
Mit Gift und grausamen Gedanken, dreh mich weg, will sie nicht sehen.
Als des Puppenspielers Pranken die Fäden an mir weiterdrehen.
Ich muss mich beugen, werd getrieben vorbei an geifernden Gestalten.
Weiß, ich kann sie nicht besiegen, abscheulich schreckliche Gewalten.
Mein Weg führt weithin ins Nichts hinein, durchs dunkeldüster Dunkelreich.
Prometischer Statur des Lichts schließt die Augen und entweich
Die Schwärze hält nun wieder Wacht auf meinem Pfad, der Selbstkastei.
Nun ist es wieder tiefe Nacht, meine Beine schwer wie Blei.
Doch zerrt etwas viel stärker noch an meinen Fäden Richtung Kälte.
Der moosbedeckte Boden roch nach Bitterkeit und säte
in mir ein Gefühl von Macht, als ich vor diesem Abbild stehe.
Hat die Glut in mir entfacht, der Fratze in die Augen seh.
Wenngleich mein Blick gen Boden fällt, die Agonie mich fester packt.
Im Innern meine Stärke quält ich fühle mich so schrecklich nackt.
Ich offenbare hasserfüllt das, was ich so niemals sah.
Was bisher in mir verhüllt, war nun deutlich und auch klar.
Der Puppenspieler lacht perfide, als er mich zum Gehen zwang.
So steh ich wieder vor dem Spiegel, wie des Anfangs schwerer Gang.
Der Leichtigkeitsverlust nimmt zu mit jedem meiner Schritte.
Ich laufe, komme nicht zur Ruhe, fleh‘ um Gnade und erbitte
Sehnlichst um ein schnelles Ende, doch lacht er nur und zerrt erneut.
Hält die Fäden und Behände, drehe ich mich im Totenkleid.
Bis die Seile sich verweben, im Gespinst aus Nebeltau,
muss mich auf den Weg begeben, der so unsichtbar und rau.
Tiefe Risse, Wunden klaffen, muss doch immer weitergehen.
Unheimliche Wesen gaffen, erzählen sie mir aus meinem Leben.
Will nichts mehr hören, sinke tief, bin mehr und mehr ein Denunziant.
Als eine Stimme lauter rief, hab tief in mir mich selbst erkannt.
Kann nicht laufen, mich nicht befreien, lieg in Ketten rostig alt.
Will den Ort mit Blut entweinen, bis mein Körper leer und kalt.
Eile mir selbst doch zur Hilfe, schüttle Kettenglieder ab.
Schweißgebadet, ja ich triefe, fühl ich mich schwach und auch matt.
Jedoch gebe ich nicht auf, es gibt noch einen Weg zurück.
Nehme jeden Schmerz in Kauf, laufe weiter Stück für Stück.
Offenbaren sich auch Lücken in der schwarzen Dunkelheit.
Versuche dorthin durchzublicken, bin dem Wesen zugeneigt,
welches mich mit großen Augen zwinkert, auffordert zu gehen.
Will es meine Sinne rauben, kann es plötzlich nicht mehr sehen.
Gerade war es doch noch da, mein Hoffnungsschimmerwesenskind.
Es ist es wirklich so bizzar, dass meine Augen schwarz und blind
ich so viel nicht sehen kann. Und doch fest daran zu glauben,
im Delirium verschwand, die schönen großen Kinderaugen.
Ich erstarre, bin gelähmt, als vor mir ein Spiegel stand.
Ich sehe in ihn, sehr beschämt, am Ende ich mich selbst befand.
Ekstatisch trete ich hinein in das surreale Bildnis.
Am Ende bleiben Schmach und Pein im Fegefeuer der Katharsis.

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