Alexander Dohm

Zyklus Amygdala

Schweigen im Land der zitternden Terzen
erloschenes Treiben in splitternden Herzen.
Fallend verstummt ihr Tremolo
ihr stürzt so still – ihr fehlt mir so.

Donner im Äther der Allmacht geboren
bald hat dich die Welt verloren
stumm und erblindet zurückgeblieben
verlassene Lichter verlernen das Lieben
einsame Takte vergessen zu schlagen
versuchen vergebens nach Wasser zu fragen

einst ließ ich zurück hier in diesem Land
in vergessenen Zeichen verbannt und vergraben
einen Teil meiner Seele alleine im Sand
in deren Tiefen verschwand
unser ewiges Band
doch nun kehr‘ ich wieder denn ich hab‘ erkannt
wie sehr es mir fehlt ihn bei mir zu tragen
um als Teil ihn zu haben
und so hol ich zurück heut ihn Heim bei der Hand

Die Zeichen im Sand der leeren Wüsten
sie gleichen einander im ungelösten
drum blick durch die Wasser des Quells aller Quinten
durch die träumenden Augen der Hochgesinnten

Zwilling in der Ödnis – in Fesseln aus der Flut
mein Bruder in der Wüste – weinte weißes Blut
zu reißenden Wellen bis alles versank
und im Wunder der Welt seiner Tränen ertrank

Schweigende Zeichen im Wetter der Sinne
wie sie alle sich gleichen der Welt, der sie inne
die ein Teil von mir wahrt unerreichbar entglitten
oh Kind aus der Asche was hab ich durchlitten?
was bin ich gerannt?
und mein Herz hat gebrannt
nach so vielen Schritten
bin so leer und verloren durchs Land geritten
und als ich dein Rätsel dann endlich verstand
erblickt‘ ich die Antwort inmitten der Zeichen :
das weiße Blut im Wüstensand.
—-

2-Thalamus

Die Atmenden erwachen
auf dass es Leben werde
es quillt aus ihren Rachen
alle Luft der Erde

spürst du den Wind der weinenden Welt
den Atem der Ewigkeit in deiner Seele?
fühlst du ihn fallen wenn niemand ihn hält,
die Flügel aus flüsterndem Rauch seiner Kehle?

bemerkst du den Puls seiner singenden Ströme
den Donner im Herzschlag des Sturms auf der Haut?
hörst du den Wandel im Hauch seiner Töne
tief in den Lungen sein heiliger Laut?

kennst du die Wiege der rauschenden Meere
die Mutter der Wasser – sie weinte den Regen
geboren im Nebel – gegossen ins Leere
im Klang fließt das Wasser der Wünsche ins Leben

fliegst du nicht oft in Gedanken hinfort
und folgst voller Sehnsucht dem Wind in die Weiten?
Wie gern wärst du frei wie ein wandelndes Wort
auf endlosen Reisen im Fall der Gezeiten?

Der ewige Atem der Sonne verbrennt
es kommt für jenen die Zeit
der die dunkelsten Träume der Götter kennt
und das Feuer im Lodern der Sterne befreit

Lerne vom Licht der Liebe zu leben
die Tränen des Himmels zu trinken
erwache wenn sich die Herzen erheben
und die Augen im Schlaf der Ozeane versinken

Wind aller Wahrheit – ich glaube sein Wort
ich weiß wohin er fällt
wohin er auch will – ich war schon dort
mein irdischer Odem durchwandert die Welt

Kind voller Klarheit – wer ihn will erfassen
egal wohin er weht
muss lautlos erst sein Land verlassen
als schweigender Prophet
———
3.Cortex

Am Himmelszelt zerbrechen die Sterne
zerrissene Schreie im Hall der Ferne
das Weltall bebt vor Entsetzen
Das Echo zerrt es in kreischende Fetzen

der Kosmos glüht in panischem Licht
berstend zerseufzt das Gefüge der Zeit
als ob der Raum sich durchkreuzt und zerbricht
wie gleißende Splitter der Endlichkeit

Donner schwingt wie elektrisches Dröhnen
Dimensionen ächzen verzweifelt und Stöhnen
Klang beklemmenden Wummerns in der gähnenden Leere
hämmernd platzen die Risse und zerspleißen die Sphäre

ein gieriger Schlund der in Düsternis klafft
der Abgrund bereit mich ins Dunkel zu Schlucken
finsteres Onyx der ewigen Nacht
im tief geblähten Maul seh ich sterbende Lichter zucken
ein Gewitter im wimmernden Todeskampf – aus tosendem Dampf
zerwirbelte Funken sprühn aus letzter Kraft

zerrieselnde Säfte aus Plasma und Gasen
flehende Galaxis durchzogen von Fissuren
die Schwerkraft zerstreut zu rotierenden Blasen
dein Kollaps ist Schicksal es verwischt deine Spuren

zerplatzt der Raum so bricht die Zeit
Momente und Orte haben nie existiert
wie alles was uns hier Form verleiht
denn im Nichts ohne Zeit ist nichts je vorher passiert

Bedeutung von hier und jetzt sind verschwunden
seht, das Herz der Martyrer glüht
von der Welt die nie war sind wir bald entbunden
so fleht wenn euch der Mondkern blüht

Die Risse zerquellen den Himmel
pulsieren und weiten sich, schwellen wie Nüstern
unterwandern gespenstisch das Materiegewimmel
um schleichend durchs leere All zu flüstern

das Ende ist nah aller Planetengiganten
der Supernovae, Strings und der Quarks bishin zu den Quanten
kein kleinstes Teilchen bleibt erhalten
Die Dimensionen werden sich nie mehr enfalten
es ist alles beim Alten –
der ungeschehene Urknall konnte niemals Form gestalten

Amorphe Fäden befallen die Gestirne
die Risse flammen unbegreifbar auf in Strukturen
wie Pilzgeflechte oder die Neuronen der Gehirne
die einzig dafür sorgten, dass wir von dieser Welt erfuhren

schroff durch die Schrammen ist die Raumzeit
die Wunden aus Leere im Kontinuum
erschüttert frag ich mich wo mir noch der Raum bleibt
doch dann ein schrilles Klingeln, wie ein Raunen und ein Schellen

Es knistert – Das All brüllt vor Schmerzen
die Gravitation schlägt in Wellen – durchdringt alles um sie herum
da schau ich in mein Herz und mir dämmert
ja ich weiß es: Unsere Zeit ist um.

Gott der Re-genesis: – wohin wirst du gehen?
sind wir denn verloren – wir Helden der Verblendung?
Kehren wir zurück oder zeigst du uns den Ausgang?
Komm und rette unser fibrillierendes Millennium

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1 Kommentar zu „Zyklus Amygdala“

  1. Hi Alexander

    Erstmals einfach nur: wow. Dein Text ist wirklich zu tiefst beeindruckend. Es wird nie langweilig beim Lesen und dein Wortschatz lässt mich neidisch. Es passt einfach alles zusammen und ein roter Faden ist durch deinen Stil klar wie Wasser.
    Besonders gefällt mir diese Passage:
    „oh Kind aus der Asche was hab ich durchlitten?
    was bin ich gerannt?
    und mein Herz hat gebrannt
    nach so vielen Schritten“

    Eine Frage: Hast du ein Buch mit deiner Poesie draussen? Dieser Text berührt mich anders, wie andere Texte, die ich schon gelesen habe. Ich würde sehr gerne mehr davon sehen.

    LG, Sarah

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