Thora Hoffmann

Scherben

Ich bin ein wanderndes Zimmer,
schwach beleuchtet,
Türen schlagen auf und zu
wie Herzschläge im Sturm.

Gesichter kommen,
ich lege meine Hände auf sie
wie auf zerbrochenes Glas,
und doch schneide ich sie
mit jedem Versuch zu halten.

Ich trage Namen wie Masken,
werfe sie fort,
bevor sie mich zu erkennen wagen.
In jeder Umarmung ein Abschied,
in jedem Kuss ein Sturz.

Mein Körper ein Fluchtweg,
meine Haut eine Landkarte
von Nächten, die mich verschlingen,
von Fremden, die ich flüchtig
zu Heimaten mache –
nur damit sie in Rauch vergehen.

Ich will bleiben,
doch meine Füße kennen nur Flucht,
mein Herz nur Tremor.
Die Stille nach jedem Sturm
ist lauter als jede Nähe.

Ich bin ein Meer voller Scherben,
und wer hineinsteigt,
schneidet sich an mir.
Ich stehe am Ufer
und sehe zu,
wie sie bluten
und verschwinden.

Und trotzdem
liegt in mir ein weiches,
zitterndes Licht,
das nie stirbt,
auch wenn ich es
tausendfach verlasse.

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